Sonntag, 12. November 2017

Schatten der Vergangenheit

Ich weiß, Mabuerele hält es schon länger mit John und dem Dream Team aus. Sie hat ihn in Südamerika begleitet und in Afrika, nach Italien und nach England, nach Pakistan und in den Hindukusch, nach Afghanistan und wieder zurück. Einmal um die Welt und wenn ich ihr dann noch mit einem weiteren Buch ein spannendes Leseabenteuer bescheren kann, dann bin ich schon ein bißchen stolz...
Heute hat sie ihre Rezension geschrieben und ich bin noch ein ein bißchen stolzer....:=)

"„...Gehen Sie ganz rauf, da spielt die Musik. Bergner dirigiert, Dr. Sternberg spielt die erste Geige, und das Fußvolk versucht, das Tempo zu halten...“


Wir schreiben das Jahr 1989. Harald Gärtner erlebt in Westberlin den Fall der Berliner Mauer. Dann erhält er einen Anruf. Er soll bleiben, wo er ist. Es fällt ein Satz, den damals sicher viele gedacht haben:
„...Auf diesen Fall hatte ihn niemand vorbereitet...“

Dann wechseln wir ins Jahr 2010. Alexander Reiter steigt in ein Haus in Salzburg ein. Er findet hunderte wertvolle Gemälde. Eins nimmt er mit, um es der Besitzerin zurück zu geben.

Es geht noch weiter zurück in die Vergangenheit. Der deutsche Kreuzer „Komet“ war auf den Weg durch die Nordost-Passage. An Bord ist SS-Hauptsturmführer Werner Reichelt. Er führt die schriftliche Order für das Ziel der Fahrt mit sich, macht sich aber bei der Crew sehr unbeliebt.

Ich könnte noch weitere Episoden vom Beginn des Buches anführen. In kurzen Abschnitten führt mich der Autor rund um die Welt. Alles wird am Ende für das Geschehen in der Gegenwart seine Berechtigung haben.

Die Gegenwart führt mich nach Berlin. Bei einer Routinekontrolle findet eine junge Frau eine mumifizierte Leiche in einem leeren Berliner Mietshaus. Der Zeitungsartikel darüber scheucht plötzlich verschiedene Leute auf, die sich bisher ruhig verhielten. Außerdem sorgt eine Liste, die aus geschredderten Stasiakten rekonstruiert wurde, für hektische Aktivitäten von Compton, dem alten Mann des englischen Geheimdienstes.

Auch der vierte Thriller der Serie ist an Spannung nicht zu überbieten. Ich kenne zwar alle Teile, aber man kann ihn durchaus auch verstehen, ohne die Vorgängerbände gelesen zu haben. Alle wichtigen Informationen sind in der Handlung integriert. Selbst kurze Rückblicke auf den einen oder anderen Lebenslauf finden sich im Text.

Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Fesselnde und temporeiche Szenen werden dadurch unterstützt. Ein schneller Wechsel von Handlungsort und Protagonisten erhöht den Spannungsbogen, zumal häufig an einer entscheidenden Stelle abgebrochen wird.

Vielfältige humorvolle Teile, häufig eingebettet in präzise ausgearbeitete Gespräche, sorgen für kurze Ruhepunkte. Mit obiges Zitat wird Kommissar Calis zum Tatort und zur Spurensicherung geschickt. Die Krönung war für mich das Telefongespräch von John mit zwei jungen Franzosen. Zum Zitieren wäre es – leider – zu lang.

Das Buch verfügt aber nicht nur über komplex aufgebaute Handlungsstränge. Der Autor legt Wert darauf, dass seine Handlungsorte in Wirklichkeit existieren und beschreibt sie deshalb hinreichend. Außerdem werde ich als Leser mit einer Menge historischem Wissen konfrontiert, dass für den Handlungsablauf von Bedeutung ist. In diesem Buch sind es insbesondere die dunklen Kapitel der britischen Kolonialgeschichte in Asien.

Ab und an gibt es fast poetische Sätze, wie das folgende Beispiel zeigt. Gleichzeitig sieht man darin, wie gut der Autor das Spiel mit Worten beherrscht.
„...Meine Mitarbeiter … meinten, Sie seien mehr oder weniger ein Phantom auf der Flucht, ein Schatten zwischen den Welten, ein Nebel, der sich in den ersten Strahlen der Morgensonne auflöst, Sand, der haltlos zwischen den Fingern durchrieselt...“
Wer damit gemeint ist? Das wird hier nicht verraten.

Während nach dem anfänglichen Blicken in die Vergangenheit die Handlung dann schnell in der Gegenwart bleibt, gibt es bewusst eine Ausnahme. Die Reise der „Komet“ darf ich längere Zeit zwischendurch begleiten. Immer wieder gibt es kurze Episoden über die Fahrt.

Die Geheimdienste kommen im Buch gar nicht gut weg – und das mit Recht, denn Menschen sind für sie nur Spielfiguren in deren Schachspiel des Lebens.

Ein kurzes Nachwort gibt Informationen zur Entstehung des Buches.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor versteht es, reale Geschehen, historische Fakten und eigene Ideen zu einer komplexen Handlung zu verknüpfen. Mit einem chinesischen Sprichwort aus dem Buch möchte ich meine Rezension beenden:
„...Wenn der Brunnen trocken ist, erkennt man den Wert des Wassers...“

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